1.000 Menschen tanzen.
Schweißgeruch mischt sich mit der süßlich-beißenden Note der Nebelmaschine.
Melodische Töne dröhnen aus dem Soundsystem und fluten um Mitternacht die Tanzfläche.
Ich betrete die Bühne und lasse meinen Blick durch die Masse betrunkener Menschen schweifen.
Mein Herz klopft. Weil ich verdammt aufgeregt bin. Und weil ich schon an meinem siebten Energy Drink nippe.
In dieser Nacht im Frühjahr 2014 spiele ich den größten Gig meiner 3-jährigen DJ Karriere.
Mein DJ Kollege dreht sich um und mustert mich von oben bis unten, bevor er seine Hand auf meine Schulter legt und mir ins Ohr schreit:
Genieß es.
Das ist mein Zeichen.
Ich stecke den USB Stick in den Pioneer CDJ-2000 und wähle meinen ersten Track aus:
Knee Deep in Louise von Hot Since 82
Dann passiert das, wovor jeder DJ Angst hat.
Der Beat des einen Tracks legt sich nicht perfekt über den Beat des anderen.
Ich justiere den Pitch am CDJ, um meinen Fehler zu beheben. Aber vor lauter Aufregung mache ich es noch schlimmer. Der Übergang ist ein Desaster. Mir läuft ein kalter Schauer über den Rücken. Es fühlt sich so an, als würden mich 2.000 Augen verurteilend anstarren. Vereinzelt höre ich Buh-Rufe aus der besoffenen Crowd.
Nach den längsten 5 Sekunden meines Lebens schaffe ich es endlich. Die Tracks laufen synchron und ich kann mich auf mein 2-stündiges Set konzentrieren.
Genießen kann ich meine Zeit aber nicht. Denn der Gig verläuft alles andere als gut.
Um 3:30 Uhr setze ich mich frustriert ins Auto und fahre nach Hause.
Meine Gedanken am nächsten Morgen:
Darf ich vorstellen?
Mein aufgeblasenes Dorf-Disco-Fame-Ego. Baujahr 2014.
Ich verdrängte, dass ich meine Musik überhaupt nicht an den Geschmack der Gäste angepasst habe.
Und ich verdrängte, dass ich an diesem Abend einfach kein guter DJ war.
Aber hey:
Ich nahm die Hilfe meines Egos dankend an. Weil das super einfach war. Schließlich musste ich mich nicht mit meiner Inkompetenz auseinandersetzen und meine Fehler sorgfältig unter die Lupe nehmen.
Ich schob die Schuld einfach auf äußere Umstände und andere Menschen. Easy.
Mein Ego half mir dabei, negative Gefühle zu verdrängen und den Scham vor sozialer Ablehnung auszublenden (zum Beispiel die Buh-Rufe).
Diese Verdrängungsstrategie funktionierte eine Zeit lang ganz gut. Bis sich durch mein Ego irgendwann eine gewisse Arroganz in immer mehr Lebensbereiche einschlich. In diesem Moment realisierte ich, dass ich meinen Kurs unbedingt verändern muss.
Mein Learning:
Sobald mein Ego die Show schmeißt, macht der Fortschritt Pause.
Aber was machen wir jetzt aus dieser Erkenntnis?
Was machen wir, …
Dann müssen wir bewusst umdenken.
Wenn wir unser Ego kontrollieren wollen, müssen wir unser Bedürfnis nach Anerkennung neu bewerten. Wir müssen unsere 6 psychologischen Bedürfnisse bewusst anordnen und immer wieder einen Reality Check machen.
Schau dir diese Liste jetzt mal in Ruhe an.
Wo liegt deine Priorität?
(Sei radikal ehrlich.)
Ein kleiner Hack:
Anerkennung und Einfluss sind sich sehr ähnlich.
Es gibt aber einen riesigen Unterschied:
Erkennst du den Unterschied?
Sobald du dein Bedürfnis nach Anerkennung auf die 1 setzt, raubst du dir automatisch die Chance auf gesundes Wachstum und überlässt deinem Ego die Kontrolle über dein tägliches Verhalten.
You’re not as good as you think. You don’t have it all figured out. Stay focused. Do better. – Ryan Holiday
Und das wirklich fiese an einem mächtigen Ego?
Es weiß besser als jeder andere Mensch auf diesem Planeten, wie es dich täuschen kann. Immer und immer wieder.
Dafür nutzt dein Ego starke Waffen, die dich immer wieder von deinem Weg abbringen.
Diese Waffen schauen wir uns jetzt mal im Detail an.
Okay.
Du weißt jetzt, wie mein Ego mich damals auf die völlig falsche Fährte führte. Aber wie sieht es mit deinem Ego aus? Wie entfaltet dein Ego täglich einen Einfluss auf dein Verhalten und deine Entscheidungen?
Naja, du kannst dir das so vorstellen:
Das Ego spielt also eine zentrale Rolle in unserer emotionalen Wahrnehmung. Es beeinflusst, wie wir uns selbst sehen und wie wir auf äußere Reize reagieren.
The first principle is that you must not fool yourself—and you are the easiest person to fool. – Richard Feynman
Alright, damit du dein Ego zukünftig besser ertappst, werfen wir mal einen Blick auf 6 wichtige Emotionen:
Diese Emotionen verwandeln sich im Alltag dann schnell in destruktive Gedankenmuster wie zum Beispiel Häme, Zynismus, Sarkasmus, Prokrastination oder Perfektionismus.
Wenn diese Gedankenmuster zu dominant werden, übernehmen sie die Kontrolle über deine 4.000 Wochen:
Okay.
Wow, das war ganz schön viel Input.
Du weißt jetzt, wie dein Ego dich täglich manipuliert. Und du weißt auch, dass dein Bedürfnis nach Anerkennung deinem Ego extrem viel Macht verleiht.
Also?
Was tun?
Das Ding ist:
Anerkennung ist ein psychologisches Bedürfnis.
Wir alle streben nach Anerkennung.
Die Frage ist also nicht, ob wir sie brauchen, sondern von wem wir sie brauchen?
Wenn du eine ehrliche Antwort willst, frag mal dein 76-jähriges Ich.
Stell dir vor, dein 76-jähriges Ich lehnt jetzt locker im Türrahmen und lächelt dich an.
Beantworte dir diese 5 Fragen jetzt mal radikal ehrlich.
Es ist völlig okay, wenn dein 76-jähriges Ich noch nicht ganz zufrieden auf dein aktuelles Leben blickt. Genau deswegen haben deine Augen ja wahrscheinlich gerade diese Zeilen erreicht.
Wenn du diese 5 Fragen immer wieder als Reality Check in deinen Alltag einbaust, wirst du deinem Ego Schritt für Schritt die Macht entziehen. Du wirst zukünftig ganz genau verstehen, wie dein Ego dich manipulieren möchte.
Bau diese Fragen also unbedingt in deinen täglichen, wöchentlichen oder monatlichen Journaling-Prozess ein, um dein Bewusstsein zu schärfen.
Und denk dran:
Wir sind nur ein Haufen merkwürdig aussehender Kreaturen, die sich selbst viel zu ernst nehmen und mit 107.826,05 km/h durchs Weltall ballern. Entspann dich. Atme. Keep going.
Peace.
Als Wirtschaftspsychologe (MSc) teile ich mein Wissen aus 15+ Jahren Personal Development. Check den Mind Mastery Letter: